Bestandteil des Exchange of Experts sind neben den Exkursionen Vorträge zum Thema. Am zweiten Tag des Erfahrungsaustauschs konnten viele Übereinstimmungen aber auch Unterschiede festgestellt werden. Die Vortragsreihe eröffnete Polizeioberkommissar Karsten Diedrichs von der Polizeiinspektion Goslar. Jens Warnecke als Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle des Landkreis Goslar, Kommandant Yvan Dupuy aus Arcachon und Wolfgang Feuerstake vom Technischen Hilfswerk schlossen den Vormittag ab. Von der Berouner Feuerwehr referierte Thomas Hradil über den noch nicht abgeschlossenen vollständigen Wechsel zum Digitalfunk. Die Ausführungen von Paulo Silva, Feuerwehr Aveiro, schlossen einen erkenntnisreichen Tag ab.
Mit der Umstellung des Digitalfunks im Landkreis Goslar zum Jahresende 2013 war für Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Hilfsorganisationen das Ende des analogen Funkbetriebs eingeläutet. Die Funkverbindung über nur einen Funkkanal der jeweiligen Einheit war mit Aufnahme des Probetriebs ab 2014 im Digitalfunk aufgenommen. Im Landkreis Goslar profitieren die Rettungskräfte mit 35 Basisstationen über ein flächendeckendes Funknetz für den Digitalfunk. Aus Sicht von Polizei und Leitstelle ergeben sich viele Vorteile bei der Nutzung des neuen Funkbetriebes. Zeigen aber auch die taktischen Unterschiede im Einsatz auf.
Jens Warnecke berichtete ausführlich über die Nutzung der Möglichkeiten bei der Abgabe eines Notrufs. Eine Sicherheitseinrichtung für die Einsatzkräfte. In Gefahrensituationen schnell den in Not geratenen Rettungskräften Hilfe zukommen zu lassen war im früheren analogen Funkbetreib nicht möglich. Auch die Nutzung als Repeater, einer Relaisfunktion zum überbrücken größerer Reichweiten, und auch die Funktion eines Gateway zur Reichweitenverlängerung innerhalb zwei verschiedener Betriebsfunktionen, stellte Warnecke vor.
Positiv wirkte sich die Nutzung des Digitalfunks während der Hochwasserlage im Juli 2017 aus. Ohne Verlust konnten die einzelnen Stadt- und Gemeindebereiche das Funknetz nutzen. Mit bis zu 2.000 Endgeräten im Landkreis stellt der Digitalfunk eine wesentliche Verbesserung in der Kommunikation bei.
Die Feuerwehren um die französische Stadt Arcachon können über eine langjährige Erfahrung im Digitalfunk verweisen. Zusätzlich nutzen die Brandschützer am Atlantik die Kommunikation über Satellit. Hier können Daten schneller übermittelt werden. Als großen Nachteil sieht Kommandant Yvan Dupuy das lediglich ein Anbieter in Frankreich Technik anbietet. Das stellt Frankreich im Austausch der in die Jahre gekommenen digitalen Funktechnik derzeit auf eine harte Probe.
Den Erkenntnissen aus großen Waldbränden und der Terrorgefahr berichtet Dupuy über den Austausch von Einsatzleitwagen. Fahrzeuge im Alter von 15 Jahren werden jetzt ausgemustert. Die neue Entwicklung der vorausschauenden Fahrzeugbeschaffung sieht vor, nur noch zwei Einsatzleitwagentypen vorzuhalten. Bei heraufwachsen von Schadenereignissen soll ab der zweiten Stufe lediglich zusätzliches Personal den bereits umfangreich ausgestatten Fahrzeugen zugeführt werden. Dies dient der besseren Informationsbeschaffung, so die Annahme.
Einen Einblick in die Organisation und die Nutzung des Digitalfunks beim Technischen Hilfswerk beleuchtete Wolfgang Feuerstake. Die Bundesbehörde verfügt über eine Autorisierte Stelle für den Digitalfunk. Bei den Feuerwehren und der Landespolizei sind die jeweiligen Bundesländer mit eigenen Autorisierten Stellen ausgestattet. Die für Niedersachsen zuständige Stelle besuchten die Führungskräfte tags zuvor in Hannover. Für Bewunderung sorgte das ehrenamtliche Engagement des THW als eine wichtige Säule im Katastrophenschutz und weltweiter Einsetzbarkeit.
Große Probleme mit der endgültigen Einführung des Digitalfunks sind in der Tschechei gegeben. Bereits 1993 beschloss die Tschechische Republik die Einführung des neuen Funksystems bei der Polizei. Die Umsetzung erfolgte 2004. Nach einer Hochwasserkatastrophe 1997 sollte auch für die Feuerwehren und Hilfsorganisationen eine Umstellung auf ein Digitalfunknetz erfolgen. Seither besteht aber weiterhin ein Parallelbetrieb. Die Berufsfeuerwehren sind mit digitalen Funkgeräten ausgestattet. Problematisch zeigt sich hier aber bei der Hardware. Nicht einwandfrei funktionierende Funkgeräte sorgten für große Vertrauensverluste bei den Einsatzkräften.
Zur Ausstattung der freiwilligen Feuerwehren fehlt den Kommunen das Geld. Einsatzfahrzeuge der Berufsfeuerwehren verfügen über ein analoges und ein digitales Funkgerät in den Einsatzfahrzeugen. Ist die digitale Technik verbessert worden und auch anerkannt, ist die Kommunikation mit den ehrenamtlichen Einsatzkräften weiterhin nur über den analogen Funkkanal möglich.
In Portugal arbeiten die Behörden und Hilfsorganisationen seit 2006 mit Digitalfunk. Das fast flächendeckende Netz arbeitet wie in den meisten Ländern Europas. Arbeiten Frankreich und Deutschland mit einem gesonderten Netzbetrieb werden in Portugal die Netzbetriebe von Mobiltelefonanbietern genutzt. Eine Überlastung des mitgenutzten Handynetzes besteht allerdings nicht. Fest zugesicherte Kapazitäten ermöglichen einen unproblematischen Funkverkehr. Da nicht alle Bereiche mit Digitalfunk versorgt werden können werden bei Waldbränden Hubschrauber als Relaisstationen eingesetzt.
Fazit: Die Arbeitssysteme des Digitalfunks in Europa ähneln sich. Allerdings ist die Einführung im Landkreis Goslar mit weniger Problemen behaftet. Die finanziellen Mittel und die Akzeptanz der Einsatzkräfte haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet. Aus den Fragen und Dialogen konnte ein sehr positives Fazit aus den Vorträgen gezogen werden.
Stadtbrandmeister Christian Hellmeier konnte mit Fachbereichsleiter Frank-Michael Kruckow und Kreisbrandmeister Uwe Fricke zwei Vertreter des Landkreis Goslar bei der Vortragsveranstaltung begrüßen. Weitere Interessierte der Feuerwehren Goslar, Immenrode, Lengde und Liebenburg verfolgten einen informativen Tag. In den Moderationen ging Hellmeier auch auf die einzelnen Institutionen und Experten für Brand- und Katastrophenschutz ein. Großen Anteil am Gelingen des Veranstaltungstages hatten einmal mehr die Dolmetscherinnen. Als Laiin Fachbegriffe zu übersetzen ist schon enorm.